Wer Schwäbisch Hall hört, denkt wahrscheinlich an die Bausparkasse. Dabei gibt es hier so viel mehr: Festspiele, Geschichte, Natur und sogar American Football. Ein Gastbeitrag von Jutta Gross.
Schwäbisch Hall: Shakespeare und Moderne
Schwäbisch Hall liegt inmitten eines schroff eingeschnittenen Tals idyllisch an den Hügeln entlang des Kochers und wer die Stadt erkunden will, der sollte schon gut zu Fuß sein, denn hier geht es auf Kopfsteinpflaster auf und ab. Hoch oben thront die spätgotische Kirche St Michael mit der legendären Treppe, die mit ihren 53 Stufen seit 1925 Heimat der Freilichtspiele ist und ein traumhafte mittelalterliche Kulisse und außergewöhnliche Akustik bietet.
Schwäbisch Hall hat in seiner Geschichte so einiges erlebt: freie Reichsstadt, das Zuhause der Haller Salzsieder und der Bausparkasse und eine der ersten Städte, die sich der Reformation angeschlossen hatten. Für jeden Besucher ist dieses Kleinod mit seinen mittelalterlichen Gässchen nicht nur zur Freilichtspielzeit eine Reise wert.
Im Park, dem Unterwöhrd und den Ackeranlagen entlang des Kochers, steht das Neue Globe Theater, das der einstigen Holznachbildung von Shakespeares Globe gewichen ist und nicht nur durch seine Architektur, sondern auch mit einem Mix aus neuzeitlichen Stücken und Shakespeare-Aufführungen punkten kann.
Die Haller Salzsieder: Kuchen- und Brunnenfest
Die Salzsieder haben Schwäbisch Hall geprägt. Das Salz brachte den Siederfamilien und der Stadt Reichtum und eine Sonderstellung im Schwäbischen Bund. Noch heute werden die Nachfahren der einstigen Siederfamilien erfasst und erhalten eine Geldrente für den Erwerb ihrer Siedersrechte 1804.
Für Besucher der Stadt lohnt sich in diesem Zusammenhang besonders das Kuchen- und Brunnenfest, das jährlich an Pfingsten stattfindet und seinen Ursprung in der Reinigung der Salzquellen im 14. Jahrhundert hat. Das Fest ist mit mehr als 500 Akteuren und Helfern eines der schönsten Heimatfeste in Baden-Württemberg und bietet eine bunte Mischung aus mittelalterlichem Brauchtum, Tanz und viel Musik.
Neben dem historischen Fest erwartet die Gäste ein bunter Vergnügungspark auf dem Haalplatz, Kanonenschießen, Stadtführungen, Ausstellungen, Aktionen, Szenische Darstellungen und Livemusik
Prunkvoller Abschluss der Freilichtspiele: Das Sommernachtsfest
Jedes Jahr zum Abschluss der Freilichtspiele am letzten Samstag im August verwandelt sich der Stadtpark entlang des Kochers in ein zauberhaftes Lichtermeer: 25.000 Lichterbecher in fantasievollen Ornamenten, 2.500 bunte Lampions in den alten Bäumen und Lichtinstallationen werden liebevoll von unzähligen Helfern entzündet und sorgen für einen unvergesslichen Abend für Groß und Klein! Auf drei verschiedenen Bühnen spielen Live-Bands und die regionale Gastronomie verwöhnt die Besucher aus aller Welt mit köstlichen und vielfältigen Versuchungen von Bratwurst über Käsespätzle und natürlich allerlei Süßwaren.
American Football ist in Schwäbisch Hall Zuhause: Schwäbisch Hall Unicorns
Was viele Besucher aber so gar nicht auf dem Schirm haben, das ist der internationale Touch, den sich Schwäbisch Hall im Laufe der Jahre erworben hat, nicht zuletzt durch die Schwäbisch Hall Unicorns, das American Football Team des TSG Schwäbisch Hall 1844, das viermal die Deutsche Meisterschaft errungen hat (German Bowl 2011, 2012, 2017 und 2018) und seit 2011 zehnmal in Folge ihre Division (Süd) gewonnen haben.
Neben dem großen Beitrag, den die Unicorns, sein Team und all die eifrigen Helfer zur Verbesserung der Englischkenntnisse von so manchem Haller geleistet hat, ist jedes Spiel im Optima Sportstadium auch ein absolut unvergleichliches Event, das durch die Bewirtung im amerikanischen Stil, Musik und die Cheerleading Squad Unixx jeden zum raving Fan werden lässt.
Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen
Für Groß und Klein ist das Freilandmuseum in Wackershofen ein wirklich einmaliges Erlebnis und lädt ein auf Zeitreise zu gehen und einzutauchen in die Welt unserer Vorfahren. Hautnah erfährt man hier wie die Welt damals war, wie eine Mühle wirklich funktioniert und wie das Leben der Tagelöhner und reichen Bauern in der Umgebung war.
Auf einem weitläufigen, landschaftlich reizvoll gelegenen Gelände können 70 historische Gebäude und die Geschichte der Bewohner hautnah erlebt werden. Eingebettet in Felder und Gärten, die mit historischen Zier- und Nutzpflanzen bebaut sind, sowie Hunderten von Tieren, die früher zum dörflichen Leben dazu gehörten, machen diesen Besuch wahrhaft einzigartig.
Haller Comburg
Die Haller Comburg, das einstige Benediktinerkloster aus dem 11. Jahrhundert thront am unteren Ende des Haller Kochertals und bietet einen herrlichen Blick über das Tal. Neben dem restaurierten romanischen Kreuzgang, bietet die Comburg viele Bauten aus verschiedenen Epochen, die für kulturelle Zwecke und für Fortbildungszwecke der katholischen Kirche genutzt werden. Die imposante Außenanlage, der Kreuzgang und die Stiftskirche St. Nikolaus können jedoch besichtigt werden und sind allein schon einen Besuch wert.
Fuxi-Pfad in Mainhardt: Wandern und Natur erleben mit den Kids
Mehr über unsere Natur und die Wälder zu erfahren und sie mit allen Sinnen erleben, das bietet der Fuxi-Naturerlebnis-Pfad in Mainhardt (Teilort Mönchsberg). Neben Träumerliegen mitten im Wald kann man sich auch im Weitsprung mit Wildschwein, Reh und Hase messen, Tier- und Pflanzenrätsel lösen, an der Wasserstation Spaß haben oder in der Hankertsmühle am Bach grillen.
Die Abwechslung zwischen Wanderweg und Spielstationen ist für Familien mit Kindern aller Altersgruppen geeignet. Einen Abschluss nach der Wanderung bildet ein Besuch des örtlichen Biergartens mit Spielmöglichkeiten und schwäbischen Köstlichkeiten. Wer es rustikaler mag, der kann auf dem nahegelegenen Mönchsberger Spielplatz grillen und toben.
Die Räuber vom Mainhardter Wald
Wer die Gemeinde Mainhardt, einem Vorort von Schwäbisch Hall, besucht, wird kaum glauben, wie kriegerisch und rebellisch die Vorfahren der heutigen Bewohner einst waren. In Gedenken und mit viel Stolz, wird die Räubergeschichte aus dem 18. Jahrhundert seit fast 20 Jahren jeden Sommer von der Laienschauspielgruppe Mainhardt am Originalschauplatz wieder zum Leben erweckt und wer dabei sein möchte, sollte sich sein Ticket bereits im Vorfeld sichern, denn das Freilichttheater ist immer ausverkauft.
Die Zuschauer sind bei diesem Stationentheater live auf der Spielwiese dabei, genießen den herrlichen Blick auf den Mainhardter Wald und wandern bei diesem turbulenten Historienstück von Szene zu Szene mit: Das derzeitige Stück „Aufstand im Mainhardter Wald – von Rebellen zu Räubern“ mit seinen ca. 100 Akteuren und beeindruckenden Massenszenen bietet eindrucksvolle und teilweise auch erschreckende Einblicke in die Geschichte und das Leben der Menschen dieser Gegend – natürlich auch in die tragischen Umstände, die Tagelöhnern und einfache Menschen zu Rebellen werden ließen.
Zur Autorin:
Jutta Gross ist Übersetzerin und Sprachlehrerin für Englisch und lebt mit ihrer Familie in der Gemeinde Mainhardt, das seit über 500 Jahren Heimat ihrer Vorfahren ist und damit zählen auch Mitglieder der einstigen Mainhardter Räubern zu ihrem Stammbaum. Die Magie der Geschichte, Reisen, Kulturen und die ureigenen Emotionen, die wir damit verbinden in Sprachkursen zum Leben zu erwecken zählen zu ihrem Spezialgebiet, das sie auch online unterrichtet.